70. Eisenbahntechnische Fachtagung

Datum und Uhrzeit

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Ort

HYPERION Hotel Leipzig
Sachsenseite 7
04103 Leipzig

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Themen

Nachbericht zur 69. Eisenbahntechnischen Fachtagung vom 21.-22.01.2025 in Leipzig

Zukunft der Bahntechnik: Erfolgreiche 69. Eisenbahntechnische Fachtagung in Leipzig


Die 69. Eisenbahntechnische Fachtagung (ETF), organisiert vom VDEI-Fachausschuss Sicherungstechnik, Informatik, Kommunikation (FA SIK), fand vom 21.-22. Januar 2025 wieder in Leipzig statt und erwies sich erneut als erfolgreiche Fachveranstaltung mit 220 Teilnehmenden. Als herausragende Branchenveranstaltung fokussiert sie sich auf aktuelle Themen und Forschungserkenntnisse im Bereich Zugsteuerung und Sicherungstechnik. Die diesjährige Tagung behandelte zwei Leitthemen: Generalsanierung sowie Schnellfahrstrecken & Übertragungswege der Digitalen LST heute und morgen. Die Tagung bietet eine einzigartige Plattform für Weiterbildung in sicherheits- und qualitätsrelevanten Bereichen des Bahnsystems. Zusätzlich ermöglicht sie einen wertvollen interdisziplinären Branchendialog, bei dem Teilnehmende, Referierende und Ausstellende Vortragsthemen vertiefen und Netzwerkkontakte knüpfen konnten.


Der Fachausschuss Sicherungstechnik, Informatik, Kommunikation (FA SIK) des Verbandes Deutscher Eisenbahn-Ingenieure (VDEI) ist eine aktive Gruppe von Fachexperten, die sich auf verschiedene Weise engagiert. Dipl.-Ing. (FH) Carlos Cunha, Vorsitzender FA SIK, begrüßte die Teilnehmenden und betonte, dass die Fachtagung eine Plattform für den Austausch von Fachwissen und Diskussion aktueller Entwicklungen und die Förderung von Innovationen im Bereich der Zugsteuerung und Sicherungstechnik darstelle. Er hob hervor, wie wichtig der interdisziplinäre Dialog zwischen den Expertinnen und Experten für die Zukunftsfähigkeit der Branche sei. Im Anschluss gab VDEI-Vizepräsident und Leiter der VDEI-Akademie für Bahnsysteme, Dr. Joachim Warlitz, einen Einblick in das Programm und würdigte mit einer Schweigeminute den langjährigen Vorsitzenden des VDEI-Fachbereichs „Technische Ausrüstung“, Dipl.-Ing. Waldemar Henschel, der leider Anfang des Jahres verstorben war.


Dipl.-Ing. (FH) Ulrike Sieren präsentierte das Frauennetzwerk des VDEI. Ziel des Netzwerks ist es, Frauen den Einstieg, den beruflichen Aufstieg und den Zusammenhalt in der Bahnbranche zu erleichtern. Dies wird durch verschiedene Maßnahmen gefördert, darunter ein Mentoring-Programm, virtuelle Netzwerktreffen, regionale Veranstaltungen und bahnspezifische Vorträge.


Zehn Referenten und Referentinnen präsentierten auf der Fachtagung fundierte Einblicke in aktuelle Entwicklungen, praxisnahe Lösungen und zukunftsweisende Innovationen rund um die Themen Zugsteuerung und Sicherungstechnik.


Dipl.-Wirtsch.-Ing. Julian Fassing, Projektleiter Generalsanierung Riedbahn, DB InfraGO AG, referierte zum Thema „Generalsanierung Riedbahn“. Die Deutsche Bahn hat mit der Generalsanierung der Riedbahn ein Pilotprojekt für ihr neues Konzept des Hochleistungsnetzes erfolgreich abgeschlossen. Auf einer Strecke von über 80 Kilometern zwischen Frankfurt und Mannheim wurden in einer fünfmonatigen Totalsperrung vom 15. Juli bis 14. Dezember 2024 umfangreiche Erneuerungsarbeiten durchgeführt. „Die Bündelung aller notwendigen Umrüstungsarbeiten im kürzesten Zeitraum ermöglichte uns eine deutliche Verringerung des Sperrpausenbedarfs im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung", erklärte Fassing. „Die Generalsanierung umfasste die Erneuerung von 117 Gleiskilometern, 152 Weichen und 130,6 Fahrdrahtkilometern. Zudem wurden 1.200 Stelleinheiten eines neuen Elektronischen Stellwerks (ESTW) und 3.300 Balisen für das European Train Control System (ETCS) Level 2 installiert. Die Modernisierung erstreckte sich auch auf 20 Bahnhöfe, die nun barrierefrei sind und neue Anzeigesysteme erhielten.“ Die Projektorganisation stellte aufgrund der Größe und Komplexität der Maßnahme eine besondere Herausforderung dar. „Um die Bauzeit kurz zu halten, mussten wir in fünf Bereichen parallel arbeiten und die Logistik für bis zu 120 Fahrzeuge koordinieren", betont Fassing. Die Steuerung erfolgte über ein ausgeklügeltes System von täglichen und wöchentlichen Besprechungen sowie einer umfangreichen IT-Unterstützung, einschließlich regelmäßiger Streckenüberflügen und digitaler 3D-Modelle. Die Kommunikation, auch mit Anwohnern, wurde über vielfältige Kanäle wie einen WhatsApp-Kanal, einen Baustellen-Blog und einem Infopunkt vor Ort sichergestellt. Das Projekt lieferte wichtige Erkenntnisse für künftige Generalsanierungen, insbesondere hinsichtlich der Ressourcenplanung, der Größe der Baulose und der frühzeitigen Grundlagenermittlung. Mit dem Abschluss der Arbeiten an der Riedbahn hat die Deutsche Bahn einen wichtigen Schritt zur Modernisierung ihres Schienennetzes gemacht und wertvolle Erfahrungen für kommende Korridorsanierungen gesammelt.


Dipl.-Ing. Marc Kückmann, M. Sc., Leiter Niederlassung Karlsruhe, OBERMEYER Infrastruktur GmbH & Co. KG, befasste sich mit der „Digitalen Streckenplanung. Von der Sanierungsplanung der Schnellfahrtstrecke zur Riedbahn“. Die Deutsche Bahn revolutioniert ihre Infrastrukturplanung und -instandhaltung mit dem Konzept des digitalen Zwillings. Marc Kückmann präsentierte die Entwicklung von der konventionellen Streckenbegehung hin zur digitalen Streckenplanung. „Wer die Achse beherrscht, ist Herr des Modells", erklärt Kückmann. Diese Aussage unterstreicht die Bedeutung der präzisen digitalen Erfassung der Gleisachsen als Grundlage für alle weiteren Planungsschritte. Die Entwicklung begann 2016 mit dem Projekt SFS 4080 Mannheim-Stuttgart. Statt der zeitaufwändigen Ortsbegehung zu Fuß wurde eine virtuelle Begehung eingeführt, die die Erfassungsgeschwindigkeit von 1 km/h auf 15 km/h steigerte und Betriebsbehinderungen eliminierte. Der digitale Zwilling wird datenbankbasiert aufbereitet und ermöglicht eine flexible Planausleitung an beliebigen Punkten. Effizienz und Genauigkeit in der Planung werden erheblich gesteigert. Ein Höhepunkt dieser Entwicklung ist das aktuelle Projekt der Riedbahn-Sanierung. „11 Monate, 100 Bearbeiter, 90.000 Dateien und ein Ziel", fasst Kückmann die Herausforderung zusammen. Die Nutzung einer digitalen Koordinierungsumgebung ermöglicht die effiziente Verwaltung dieser enormen Datenmenge. Besonders innovativ ist die Integration von Sensordaten zur vorausschauenden Instandhaltung. „Durch die präzise Planung auf Basis von Sensordaten kann die Infrastruktur bis zur Generalsanierung in einem wirtschaftlich optimalen Zustand gehalten werden", erläutert Kückmann. Die Zukunftsvision ist DRIIM (Digital Railway Infrastructure and Information Management), ein ganzheitlicher Ansatz, der Planung, Bauausführung und Anlagenmanagement integriert. Kückmann betont: „Die Zukunft beginnt jetzt – DRIIM im Bestand". Diese Entwicklungen versprechen eine signifikante Effizienzsteigerung in der Bahninfrastrukturplanung und -instandhaltung. Sie bilden die Grundlage für die ambitionierten Sanierungspläne der Deutschen Bahn, einschließlich der 40 geplanten Hochleistungskorridore bis 2030.


„VDE 8.1 Erfurt – Hallstadt (Anm. d. R.: Erfurt-Bamberg) – Lehren für neue Projekte“ war das Vortragsthema von Dipl.-Ing. (FH) Lars Kretschmann, Leiter Technik Knoten Bamberg, Restleistungen VDE 8, DB InfraGO AG. Die Neubaustrecke VDE 8.1, ein Schlüsselprojekt im deutschen Schienennetz, wurde im Dezember 2017 in Betrieb genommen, nähert sich aber erst nach jahrzehntelanger Planung und Bauzeit seiner vollständigen Fertigstellung. Mit einer Streckenlänge von 107 km, 22 Tunneln (insgesamt 41 km) und 29 Talbrücken (12,3 km) stellt das Projekt eine ingenieurtechnische Meisterleistung dar. Kretschmann, seit 2022 Leiter Technik VDE 8.1 NBS/ABS/BA 23, blickt auf die Herausforderungen zurück: "Irgendwann muss man 'mal in Betrieb gehen. Es nützt ja nix!" Diese pragmatische Herangehensweise war entscheidend für die Inbetriebnahme 2017, obwohl das Projekt erst 2025 vollständig abgeschlossen sein wird. Die Komplexität des Projekts zeigt sich in der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, insbesondere zwischen Inbetriebnahme und Projektabschluss. "Ein Projekt hat nach der Leistungsphase acht eine Leistungsphase neun. Auch bei Großprojekten, da dauert diese eben größer", erklärt Kretschmann. Dies umfasst sowohl geplante, z. B. die Durchführung landschaftspflegerischer Begleitmaßnahmen und der Grundstückskauf im Kontext des Flächenmanagements, als auch ungeplante Restleistungen, wie beispielsweise die Behebung von Bau- und Planungsmängeln.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Bauüberwachung. Kretschmann betont: „Lizenzen müssen zur Abnahme vorhanden sein!" Dennoch treten Baumängel auf, was Fragen zur Effektivität der Vor-Ort-Überwachung aufwirft. Ein weiterer Fokus liegt auf der Bestandsplanung. „Circa 50.000 Bestandspläne, von denen aktuell noch etwa 80 zu zeichnen sind, stellen eine enorme Herausforderung dar", so Kretschmann. Die Probleme bei der Erstellung und die nicht immer zufriedenstellende Planrevision führten zu einem neuen Lösungsansatz: „Einer für alle". Trotz aller Herausforderungen zeigt das Projekt auch positive Aspekte. Kretschmann hebt hervor: „Durch eingleisigen Betrieb, Reduzierung der Gesamtprojektzeit, Wegfall des Verbaus und Optimierung des Einsatzes von Personal und Material konnten die Kosten gesenkt werden." Er fügt jedoch hinzu: „Komma ABER - günstiger ist nicht immer gut". Das VDE 8.1-Projekt demonstriert eindrucksvoll die Komplexität moderner Infrastrukturvorhaben. Es unterstreicht die Notwendigkeit flexibler Planungen, effektiver Kommunikation und eines ganzheitlichen Projektmanagements, um den vielfältigen Herausforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig Kosten und Qualität im Blick zu behalten.


Dipl.-Ing. Christian Scholtka, LST-Projektingenieur, PSV-PP, DB InfraGO AG, präsentierte die Herausforderungen und Lösungsansätze des ambitionierten Projekts „Erzgebirgstunnel“. Der Erzgebirgstunnel ist ein Meilenstein im europäischen Schienenverkehr. Die geplante Neubaustrecke Dresden-Prag mit dem Erzgebirgstunnel als Herzstück verspricht, den grenzüberschreitenden Schienenverkehr zwischen Deutschland und Tschechien zu revolutionieren. Scholtka erläuterte die Herausforderungen und Lösungsansätze: „Der etwa 30 Kilometer lange Erzgebirgstunnel wird der längste Eisenbahntunnel Deutschlands sein und ist Teil einer Hochgeschwindigkeitsstrecke, die Dresden und Prag verbinden soll. Mit der Eröffnung der Neubaustrecke wird das grenzüberschreitende Verkehrsaufkommen deutlich ansteigen. Im Personenverkehr planen wir einen Stundentakt, statt des bisherigen Zweistundentakts für den EC Dresden-Prag.“ Die Strecke, die für Personenzüge mit 200 km/h und Güterzüge mit 120 km/h ausgelegt ist, bringt erhebliche technische Herausforderungen mit sich. Besonders komplex ist die Integration unterschiedlicher Bahnstromsysteme und Leit- und Sicherungstechnik (LST) an der deutsch-tschechischen Grenze innerhalb des Tunnels. „Für die Oberleitungssystemtrennstelle und den LST-Übergang haben wir intensiv verschiedene Varianten geprüft", berichtet Scholtka. „Trotz der Präferenz für eine technische Lösung außerhalb des Tunnels, deuten unsere Untersuchungen darauf hin, dass eine Platzierung im Tunnel nahe der Staatsgrenze die optimale Lösung sein könnte." Das Projekt befindet sich derzeit in der Vorplanungsphase, die voraussichtlich bis 2025 andauern wird. Neben dem Tunnelbau umfasst es auch umfangreiche Umbaumaßnahmen, unter anderem im Bahnhof Dresden-Friedrichstadt, der zum grenznahen Güterbahnhof umgestaltet wird. Scholtka betont die internationale Bedeutung des Projekts: „Diese Strecke ist ein wesentlicher Abschnitt der Transeuropäischen Netze und wird von der EU durch CEF-Mittel gefördert. Sie wird nicht nur Reise- und Gütertransportzeiten verkürzen, sondern auch die Tschechische Republik besser in das europäische Hochgeschwindigkeitsverkehrsnetz einbinden."


Digitale Planung und Verlegedokumentation von Kabeln lautete das Vortragsthema von Simon Wittchow, M. Sc., ehemaliger Leiter der "Task Force Kabel S21", DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH. Das Großprojekt Stuttgart 21 setzt neue Maßstäbe in der digitalen Planung und Dokumentation von Kabelverlegungen. Wittchow erläuterte die innovative Softwarelösung VM.7, die den gesamten Prozess von der Planung bis zur Abnahme revolutioniert: „Mit VM.7 haben wir ein leistungsfähiges Tool, das manuelle Kommunikationswege ausschaltet und tagesaktuelle, verlässliche Daten liefert. Die Software ermöglicht eine koordinierte Kabelplanung aller Gewerke, automatisierte Erzeugung von Ausführungsdokumenten und eine lückenlose digitale Dokumentation der Verlegung.“ Ein Kernaspekt ist das integrierte Berichtsportal, das als Informationsplattform für Projektleiter und Bauüberwachung dient. Es generiert automatisierte Berichte basierend auf Echtzeitdaten, wie Verlegefortschritt und -leistung, sowie Verfügbarkeit von Kabeltrommeln. Die Vorteile sind beachtlich: schnellere Planung und Planungsänderungen, verbesserte Datenqualität und vereinfachte, nutzerspezifische Informationsbeschaffung. Automatisierte Prozesse für Prüfung, Kabeltrommelmanagement und Berichterstattung steigern die Effizienz erheblich. Wittchow betont: „Die Verwendung von VM.7 direkt zu Projektbeginn auszuschreiben und zu vereinbaren, ist entscheidend für den Erfolg." Er weist auch auf die Notwendigkeit umfassender Schulungen aller Beteiligten hin, um eine einheitliche Datenqualität zu gewährleisten. Für zukünftige DB-Projekte empfiehlt Wittchow: „Wir benötigen ein einheitliches digitales Konzept zur Dokumentation der Anlagenausrüstung und die Einbindung aller Gewerke in eine PlanPro-Logik." Die Integration von VM.7 in die digitale Kette der DB ist bereits möglich, mit vorhandenen Schnittstellen zu PlanPro und BIM. Die Erfahrungen aus Stuttgart 21 zeigen deutlich: „Die digitale Transformation im Bahnbau ist nicht nur möglich, sondern bringt erhebliche Vorteile in Effizienz, Transparenz und Qualität. Mit Lösungen wie VM.7 ist die DB auf dem Weg zu einer vollständig digitalisierten Projektabwicklung – ein wichtiger Schritt für die Zukunft des Bahnbaus in Deutschland.“


Nach dem vielfältigen fachlichen Input standen die Referenten zur Podiumsdiskussion bereit, die von Dipl.-Ing. (FH) Ulrike Sieren, Frauennetzwerk im VDEI und Dipl.-Ing. Clemens Wagner, Fachausschuss-Vorstandsbeisitzer SIK, moderiert wurde. Wagner begann mit einer kurzen Zusammenfassung des ersten Tages, bevor die teilnehmenden Referenten auf die Fragen der Teilnehmer antworteten. Im Fokus stand dabei „Lessons learned“, d. h. die Frage, was wir aus den Projekten für zukünftige Vorhaben lernen können. Sieren schloss die Podiumsdiskussion mit der Frage, was sich die Referenten für 2025 von der Bahnbranche wünschen.


Der zweite Tag der Fachtagung startete mit dem Vortrags-Duo Dipl.-Ing. Eike Seidler, M. Sc., Leiter Systemverantwortung Netzwerksicherheitssysteme, DB InfraGO AG, und Jenny Dang, B. Eng., Applikationsmanagerin betriebliche Telekommunikation, DB InfraGO AG, zum Thema „Daten- und Funkkommunikation heute und morgen“. Die Deutsche Bahn steht vor einer umfassenden digitalen Transformation. Seidler und Dang informierten über die aktuellen Entwicklungen und Zukunftspläne für die Telekommunikationsinfrastruktur der Bahn. Ein Kernprojekt ist der Ausbau des Glasfasernetzes (LWL). „Unser Ziel ist es, alle Bahnstrecken mit ausreichend freien LWL-Fasern zu versorgen", so Seidler. Bis Ende 2024 wurden bereits etwa 3.560 km neue Glasfaserkabel verlegt. Insgesamt sollen bis Ende der 2020er Jahre rund 12.200 km LWL-Kabel neu installiert werden. Parallel dazu wird das sichere bahnbetriebliche IP-Netz (sbbIP) aufgebaut. Es soll die Grundlage für moderne Leit- und Sicherungstechnik bilden. „Die sbbIP-Plattform stellt standardisierte Dienste für die Kommunikationsbedarfe der digitalen IP-Anwendungen bereit", so Dang. 2024 erfolgte die Inbetriebnahme der Vorserie in Meitingen/Mertingen. Ein weiterer Meilenstein ist die Einführung des neuen Bahnfunkstandards FRMCS (Future Railway Mobile Communication System). Er wird ab 2035 das bisherige GSM-R-System ablösen. „FRMCS auf Basis von 5G-Technologie ist die erforderliche Konnektivitätsgrundlage für das künftige digitale Bahnsystem", betont Seidler. Die Migration soll strecken- und anwendungsbezogen erfolgen, wobei ein paralleler Betrieb von GSM-R und FRMCS notwendig sein wird. Die Pilotierung von FRMCS beginnt 2025 auf der Südostbayernbahn. „Wir starten mit der Strecke von Neumarkt-St. Veit bis Passau. Der Vorteil ist, dass Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen in einer Hand liegen", erklärt Dang. Für die Umsetzung setzt DB InfraGO AG auf neue Prozesse und Standards, wie etwa einheitliche 15-Meter-Funkmasten im 2-km-Abstand. Ziel ist es, durch die Konzentration auf wenige, aber effiziente TK-Plattformen eine leistungsfähige Infrastruktur zu schaffen. Die vorgestellten Maßnahmen verdeutlichen den umfassenden Ansatz der DB zur Digitalisierung ihres Netzes. Sie bilden die Grundlage für einen effizienteren, zuverlässigeren und zukunftsfähigen Bahnbetrieb in Deutschland.


Dem wichtigen Thema „Cyber Security für die Schiene 4.0“ widmete sich Davide Amelia, Bereichsleiter Digitalisierung und Cyber Security, Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e. V. Die zunehmende Digitalisierung im Bahnsektor bringt neue Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit mit sich. Amelia präsentierte einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Konvergenz von Operational Technology (OT) und Information Technology (IT) im Bahnbereich erfordert einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit. Amelia betont: „Das System Eisenbahn ist ein Gesamtsystem und sollte als solches betrachtet werden." Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die physische Sicherheit als auch den Schutz digitaler Infrastrukturen zu gewährleisten. Im Rahmen der EU-Digitalstrategie wurden zwei zentrale Regulierungen eingeführt: Die NIS-2-Richtlinie und der Cyber Resilience Act (CRA). Die NIS-2-Richtlinie, die seit Oktober 2024 in Kraft ist, definiert Mindeststandards für Betreiber kritischer Infrastrukturen. Sie verpflichtet Unternehmen ab einer bestimmten Größe zu proaktiven Maßnahmen wie Risikomanagement und Meldung von Vorfällen. Der CRA, gültig seit Dezember 2024, fokussiert sich auf die Produktsicherheit. Er regelt den Marktzugang für Produkte mit digitalen Elementen und verpflichtet Hersteller zu Maßnahmen wie Risikobewertungen vor der Markteinführung und einem 5-jährigen kostenlosen Update-Zeitraum. Amelia hebt hervor: „Die Umsetzung der neuen Gesetzgebung ist herausfordernd. Offen ist, wie sich Märkte und die Lieferkette ausrichten werden." Er betont die Bedeutung verstärkter Kooperation im Sektor und sieht die Regulierung als Kompetenz der Branche. Für die Umsetzung der Anforderungen können Unternehmen auf bestehende Standards wie IEC 62443 und die ISO/IEC 27000-Reihe zurückgreifen. Diese bieten eine solide Grundlage für die Implementierung von Cybersicherheitsmaßnahmen. Abschließend unterstreicht Amelia die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung: „Regulierung ist eine Kompetenz des Sektors. Es bedarf verstärkter Kooperation im Sektor." Diese Aussage verdeutlicht, dass die erfolgreiche Bewältigung der Cybersicherheits-herausforderungen im Bahnsektor nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten erreicht werden kann.


Christian Brockschnieder, M. Sc., Leiter Betriebserprobung und Inbetriebnahmeverfahren DSTW, und Björn Isenberg, Fachexperte Regelwerksentwicklung und Qualitätsmanagement DSTW, gaben Einblicke in die „Neue Gewerkezuordnung im Gleisfeld des digitalen Stellwerks“. Die Einführung digitaler Stellwerke (DSTW) bringt eine grundlegende Neuordnung der Gewerkezuständigkeiten im Gleisfeld mit sich. Dies wurde deutlich bei der Präsentation zum Vorserienprojekt Meitingen-Mertingen, das im Januar 2024 in Betrieb ging. Die neue Systemarchitektur erfordert eine verbindliche Zuweisung von Komponenten und Aufgaben auf die Gewerke Leit- und Sicherungstechnik (LST), Telekommunikation (TK) und Elektrische Energie Anlagen (EEA). „Die bisherigen Stellwerke waren gesamthaft LST zugeordnet. Nun erfolgt eine Umverteilung der Komponenten an EEA und TK, was Folgen für die Sicherheitsrelevanz hat", erläutert Isenberg. Dies führe zu einer Entlastung der LST und erfordere eine neue Ressourcenverteilung hinsichtlich Qualifizierung, Planung und Instandhaltung. Die Planung des Gleisfeldes erfolgt nun in enger Abstimmung zwischen den Gewerken. Auf Basis der LST-Standortplanung erstellen TK und EEA ein Gleisfeldkabelkonzept.“ In der Ausführungsplanung arbeiten die Gewerke dann weitgehend getrennt, müssen sich aber bei Änderungen eng abstimmen. Bei Bau und Abnahme in Meitingen-Mertingen zeigte sich, dass die Gewerkezuordnung (GZO) klare Verantwortungsbereiche regelt. „Es war komplex, aber machbar", resümiert Brockschnieder. „Wichtig sind frühzeitige Qualifizierungen und regelmäßiger Austausch zwischen den Gewerken." Im Betrieb bewährt sich die neue Struktur bisher. „Es fahren Züge!", betont Isenberg. Allerdings können Störungen nicht immer eindeutig einem Gewerk zugeordnet werden. „Das DSTW muss als Gesamtsystem gelebt werden", ergänzt Brockschnieder. Die Erfahrungen aus Meitingen-Mertingen fließen nun in die Weiterentwicklung der Richtlinien ein. Ziel ist es, Planungs- und Verantwortungssicherheit zu schaffen und die Standardisierung voranzutreiben. Die neue Gewerkezuordnung markiert damit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik im deutschen Schienennetz.

Der VDEI-FA SIK zeigte sich zufrieden mit der 69. Eisenbahntechnischen Fachtagung in Leipzig, die durch das Engagement und die interessierten Fragen der Teilnehmenden bereichert wurde. Die Veranstaltung bestätigte einmal mehr die hohe Relevanz des fachlichen Austauschs für die Weiterentwicklung der Branche.
2026 feiert die Veranstaltung mit der 70. Eisenbahntechnischen Fachtagung am 14.01.-15.01.2026, in Leipzig Jubiläum.


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